Die Gemeindevertretung tagt das letzte Mal vor der Sommerpause

Kinder und Jugendliche im Zentrum

Dass kurz vor dem Urlaub noch einmal besonders viel zu tun ist, ist ein Phänomen, dass auch Kommunalpolitikerinnen und -politiker kennen. Dreieinhalb Stunden tagte die Gemeindevertretung Birkenwerder am 22. Juni allein im öffentlichen Teil der letzten Sitzung vor der Sommerpause.

Viele Diskussionen und Entscheidungen betrafen dabei die Kinder und Jugendlichen der Gemeinde. 

Unter anderem standen Entscheidungen zum Neubau einer Kindertagesstätte in der Geschwister-Scholl-Straße auf der Tagesordnung. Die Gemeindevertreterinnen und -vertreter votierten für die größere Variante mit etwa 78 Plätzen, darunter 18 Plätze für Kinder unter drei Jahren. Die zweite Variante wäre auf etwa 58 Plätze ausgelegt gewesen. 
Was die Konstruktionsart betrifft, sprach sich das Gremium für eine Holzhybridbauweise statt einer Massivbauweise mit Mauerwerk aus. Die dritte Entscheidung betraf den energetischen Standard des Neubaus. Diskutiert wurde dabei vor allem über den Aspekt der Wärmerückgewinnung. Statt die Kinder an die frische Luft zu lassen, würden sie aufgearbeiteter Luft ausgesetzt, kritisierte Dieter Bauer (AfD). Die Architektin erklärte, dass es durchaus möglich sei, die Fenster zu öffnen und auf eine natürliche Lüftung zurückzugreifen. Allerdings sei die Wärmerückgewinnung nötig, um das Ziel eines Nullenergiehauses zu erreichen. Auch Henrik Barth (CDU) kritisierte die Variante 2, für die sich die Mehrheit der Gemeindevertreterinnen und -vertreter aussprach. Der Preis von mehr als sechs Millionen Euro sei „so hoch, dass wie für unsere Kinder keine Projekte mehr durchsetzen können“, sagte er.  

Workshop zum Bildungscampus

Auch zum geplanten Bildungscampus stehen Entscheidungen an. Die Einladung der Verwaltung, deshalb am 1. Juli zu einem Workshop zusammenzukommen, stieß bei den Gemeindevertreterinnen und -vertretern jedoch fraktionsübergreifend auf Unverständnis. Nur ein kleiner Teil von ihnen werde zu einem Termin in den Sommerferien kommen können, hieß es. „Der Besprechungstermin ist eine Illusion“, urteilte Heiko Friese (SPD).  Unklar schien vielen Vertreterinnen und Vertretern anfangs auch, warum es so ein Treffen brauche. „Workshops haben wir genug gehabt. Schicken Sie uns die Unterlagen zu“, forderte Klaus-Günter Schnur (ProBirke). 

Bauamtsleiter Jens Kruse erklärte, wozu der Termin nötig sei. Die Verwaltung habe zwar im Rahmen des kommunalen Infrastrukturprogramms des Landes Brandenburg zur Kinderbetreuungsfinanzierung (KIP II) einen Fördermittelantrag für den Erweiterungsbau gestellt, allerdings sei dieser noch nicht vollständig. Die Verwaltung habe unterschiedliche Varianten der Vorplanung erarbeitet, zwischen denen sich die Gemeindevertretung entscheiden müsse. Weil es nach der Sommerpause sehr knapp werde, solle die Entscheidung so früh wie möglich getroffen werden, erklärte Kruse.  Eine neue Vorplanung ist nötig, weil die bisherige Kostenschätzung zu hoch war. „Wir müssen definitiv kleiner bauen“, sagte Christine Klauke vom Bauamt der Gemeinde. Die Kosten werden  nun auf 18 Millionen Euro begrenzt.  Letztendlich einigten sich Gemeindevertretung und Verwaltung darauf, dass die Unterlagen so schnell wie möglich zugesandt werden und Anfang August eine Sondersitzung einberufen wird. 

Kinder sollen mitreden

Auch über die Spielplatzplanung der Gemeinde wurde ausführlich diskutiert. Bürgermeister Stephan Zimniok (IOB-BiF) brachte eine Beschlussvorlage ein, die die Gründung einer AG Spielplätze vorsieht. Ziel sei, die Kleinsten in den Bau von Spielplätzen einzubeziehen. „Wir wollen nicht die Erwachsenen entscheiden lassen, wie Kinder spielen sollen“, sagte der Bürgermeister. 
Laut der ursprünglichen Beschlussvorlage sollte das Gremium je ein Kind aus den Kindertagesstätten der Gemeinde Birkenwerder, ein Kind oder eine jugendliche Person aus der Pestalozzi Grundschule Birkenwerder, ein Mitglied aus dem Kinder- und Jugendbeirat, die Behindertenbeauftragte, die Kinder- und Jugendbeauftragte und je eine Person aus dem Bauamt und dem Amt für Soziales der Gemeinde umfassen. Zunächst stieß die Initiative der AG-Gründung auf Unverständnis und Widerstand. Einige Gemeindevertreterinnen und -vertreter verwiesen auf einen Workshop, an dem vor zwei Jahren viele Kinder der Gemeinde teilgenommen und konkrete Ideen ausgearbeitet hätten. „Warum setzen wir das jetzt nicht Spielplatz für Spielplatz um?“, fragte Kerstin Hoffmann (Bündnis 90/ Die Grünen/ Briesetalverein). Kritisiert wurde, dass sich seit diesem Workshop nichts getan habe. Die Arbeit einer neuen AG würde wieder Zeit brauchen, sagte Daniela Oeynhausen (AfD): „Die Kinder warten.“ Auch Alexandra Stolzenburg (IOB - BiF) warnte davor, dass sich die Kinder, die damals mitgemacht haben, sich nicht ernstgenommen fühlen könnten. Katrin Gehring (CDU), Vorsitzende der Gemeindevertretung, erklärte, dass es bei der AG nicht darum gehe, etwas Neues zu planen, sondern die anstehenden Prozesse zu begleiten. Stephan Zimniok ergänzte, dass die AG fortlaufend ein Auge auf die Spielplätze haben und regelmäßige Rundgänge unternehmen solle. 
Schließlich änderte sich die Stimmung gegenüber dem Vorschlag, der mit 15 Ja-Stimmen, einer Enthaltung und einer Gegenstimme angenommen wurde.

Mehr weiterführende Schulen gefordert

Nicht nur die Kleinen, auch die größeren Schulkinder waren Thema der Sitzung. Die CDU-Fraktion brachte eine Beschlussvorlage ein, in der der Bürgermeister darum gebeten wird, bei der Fortschreibung des Schulentwicklungsplanes des Landkreis Oberhavel den Neubau eines mindestens dreizügigen Gymnasiums im Planungsgebiet 3 (Hohen Neuendorf, Birkenwerder, Glienicke, Mühlenbecker Land) zu fordern. Katrin Gehring erklärte, dass es in diesem Gebiet in drei Jahren vier siebte Klassen zu wenig geben werde. Die vorhandenen weiterführenden Schulen könnten die Nachfrage nicht decken, betonte sie. „Das Marie-Curie-Gymnasium platzt aus allen Nähten.“ Das führe unter anderem dazu, dass Schülerinnen und Schüler nach Oranienburg ausweichen müssten.  Einige Anwesende berichteten von eigenen Erfahrungen. Beklagt wurde unter anderem der Druck auf Lehrerinnen und Lehrer, Gymnasialempfehlungen zu vergeben. Ohne diese sei es kaum mehr möglich, einen Platz an einer Gesamtschule zu bekommen, hieß es. Daniela Oeynhausen (AfD) argumentierte, dass die steigenden Kinderzahlen durch Zuzug und nicht durch Geburten bedingt seien und auch wieder abnehmen würden. Sie forderte deshalb belastbare Zahlen. Diese Zahlen würde der Schulentwicklungsplan bereithalten, argumentierte Katrin Gehring. Trotz einzelner kritischer Stimmen wurde die Beschlussvorlage mit 14 Ja-Stimmen und drei Enthaltungen angenommen – allerdings mit Änderungen.  Denn unter anderem Peter Kleffmann (IOB - BiF) hatte darum gebeten, dass nicht ausschließlich Gymnasien gefordert werden sollen, wie es der ursprüngliche Beschluss vorsieht. Dieser wurde dahingehend erweitert, dass alle weiterführenden Schulformen gemeint sind.

Abgesackte Bohlen werden abgebaut

Auf der Tagesordnung stand auch eine Entscheidung zum Rückbau des abgesackten Bohlensteges des Wanderweges B2 Paradiesgarten. Die Gemeindevertretung hatte sich bei der letzten Sitzung geeinigt, auf eine Einschätzung der Unteren Bodenschutzbehörde des Landkreises Oberhavel zu warten um zu klären, ob die Plastikteile entfernt werden müssen oder nicht. Unklar war, ob der abgesackte Bohlenweg möglicherweise schädlich für die Umwelt werden kann. Die Antwort liege inzwischen in informeller Form vor, berichtete Jens Kruse. Es werde zu einem schonenden Rückbau des Bohlenweges möglichst ohne schwere Technik geraten, da nicht ausgeschlossen werden könne, dass sich umweltschädliche Substanzen aus dem Material lösen und im Biotop absetzen. Die Verwaltung schätzt die Kosten für den Rückbau auf 31.500 Euro. Für diese Variante entschieden sich die Gemeindevertreterinnen und Gemeindevertreter mit 15 zu einer Stimme – auch wenn einige Mitglieder des Gremiums, den Weg gerne erhalten hätten. 

Vorsitzende verlässt Jugendbeirat

Auch Veränderungen bei Gremien der Gemeinde standen auf der Tagesordnung. Annett Gauger wurde als Mitglied des Seniorenbeirats abberufen. Ihre Nachfolgerin ist Saskia Hoof. Beim Jugendbeirat scheiden Sina Heider und Laura Neumann, die Vorsitzende des Gremiums, aus. Bürgermeister Stephan Zimniok kündigte an, Laura Neumann bei nächster Gelegenheit für ihren Einsatz – auch im Namen der Gemeindevertretung – danken zu wollen. Mit neun Stimmen wurde außerdem Dirk Dassow (Die Linke) als neues Mitglied des Umlegungsausschusses gewählt. Klaus-Günter Schnur (ProBirke) kam auf sieben Stimmen.

Kurze Informationen der Verwaltung 

Der Bauamtsleiter und stellvertretende Bürgermeister Jens Kruse überbrachte einige Informationen aus der Verwaltung. Demnach wird die Auslegung des Bebauungsplanes für das Areal am Alten Krugsteig aufgrund eines Fehlers wiederholt. Bis Ende 2021 müsse der Beschluss stehen, sagte Kruse. Für den 14. September um 18:30 Uhr lud er die Gemeindevertretung zu einem Workshop zum geplanten Wohnungsbau am Alten Krugsteig ein.

Kruse kündigte außerdem an, dass am 13. Juli das Hauptverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht in Leipzig zum Neubau einer 380-kV-Höchstspannungsleitung über Birkenwerder stattfinden wird. Er erklärte, dass die Anfrage von Dieter Bauer (AfD) geprüft wurde, ob die Kita Am alten Friedhof die Essensversorgung für zwei weitere Kitas mit übernommen könne. Das würde eine Verdopplung der Kapazitäten bedeuten und sei deshalb nicht möglich, sagte Kruse. Zudem berichtete er von einer Besichtigung des Bahnhofsgebäudes gemeinsam mit Vertreterinnen und Vertretern der Deutschen Bahn. Das Ergebnis: Säuberungen und Instandsetzungsarbeiten sollen noch in diesem Jahr beginnen. 

Fragen zu Schleichverkehr und Video-Streaming

Anfragen von Einwohnerinnen und Einwohnern der Gemeinde betrafen unter anderem einen geplanten Brückenabriss und -neubau in Hohen Neuendorf. Deshalb werde der Verkehr wohl wieder über Birkenwerder umgeleitet, sagte ein Einwohner. „Ein Großteil wird sich durch die Anliegerstraßen quälen.“ Bei einer ähnlichen Situation vor zwei Jahren sei es zu aggressivem Verhalten von Fahrerinnen und Fahrern und zu Unfällen gekommen. Deshalb wollte der Einwohner wissen, ob Maßnahmen zur Reduzierung von Schleichverkehr geplant seien. 

Eine andere Anfrage in der Bürgersprechstunde bezog sich auf die Live-Übertragung der Gemeindevertretersitzungen im Internet. Katrin Gehring erklärte, dass es sich dabei bisher um einen Probelauf gehandelt habe und der Link nur einem begrenzten Personenkreis zur Verfügung gestanden habe. Für eine öffentliche Übertragung müsse  die neue Geschäftsordnung der Gemeindevertretung abgewartet werden, die nach der Sommerpause besprochen werde. 

Auf das Live-Streaming bezog sich auch eine Beschlussvorlage der AfD. Die Fraktion forderte, dass zunächst für ein Jahr alle öffentlichen Sitzungen der Gemeindevertretung übers Internet übertragen werden – nicht nur die Gemeindevertretersitzungen. Daniela Oeynhausen argumentierte, dass auch die Ausschüsse wichtig seien, um nachvollziehen zu können, wie Entscheidungen zustande kommen. Die Gemeindevertreterinnen und -vertreter verwiesen auch hierbei auf die neue Geschäftsordnung. 

Eine Anfrage von Klaus-Günter Schnur bezog sich auf seine 50-jährige Mitgliedschaft bei der Freiwilligen Feuerwehr in Birkenwerder. Obwohl das Jubiläum schon eine Weile zurückliege, habe es bisher keinen Dank gegeben. „Ich bin todtraurig, dass die Gemeinde so mit Menschen umgeht“, sagte er. Bürgermeister Stephan Zimniok entschuldigte sich dafür, dass dieser Eindruck entstanden sei, erklärte aber, das die Ehrung im Rahmen der Übergabe des neuen Tanklöschfahrzeuges erfolgen sollte, zudem Herr Schnur im Urlaub verweilte. Eine entsprechende Einladung sei durch die Wehrführung an ihn übermittelt worden. Er sagte zu, dass die Ehrung durch die Wehr nachgeholt werden würde.

Tex/Foto: id

Bildunterschrift: Die Gemeindevertretung tagt das letzte Mal vor der Sommerpause – dieses Mal wieder vor Ort und ohne Maske.