Gemeindevertretung probeweise live im Netz

Zum ersten Mal ist die Gemeindevertretersitzung in Birkenwerder probehalber im Internet übertragen worden, der entsprechende Link aber noch nicht öffentlich verfügbar. Katrin Gehring (CDU), Vorsitzende des Gremiums, begann die Sitzung am 23. März deshalb mit einer Datenschutzinformation für die Mitglieder der Gemeindevertretung. Perspektivisch sollen die Sitzungen der Gemeindevertreterinnen und Gemeindevertreter öffentlich über die Videoplattform YouTube übertragen werden. Der Livestream wird dann über die Webseite der Gemeinde zugänglich sein. Bürgerinnen und Bürger, die im Ratssaal zuhören oder Fragen stellen möchten, können dies aber nach wie vor tun – auch ohne gefilmt zu werden. Jede Person müsse vorher eine Einwilligungserklärung unterschreiben, sagte Katrin Gehring. Wenn ein Gast der Übertragung nicht zustimme, werde der Livestream bei der jeweiligen Frage unterbrochen.

Bürgermeister Stephan Zimniok (IOB-BiF) wies auf die neue Birkenwerder-App hin und lud die Mitglieder der Gemeindevertretung ein, sich deren Funktionen anzuschauen und Rückmeldung zu geben. „Vielleicht haben Sie mal Zeit und gucken drauf“. So eine App sei kein „Allheilmittel“, sondern „eine Erweiterung des Informationsflusses in der Gemeinde“, sagte Zimniok. Unter anderem sind dort touristische Informationen und Lokalnachrichten zu finden. An der Einrichtung eines digitalen Branchenbuchs wird bereits gearbeitet..

Der Bürgermeister berichtete außerdem, dass die Ausschreibungsfrist für den diesjährigen Birkenpreis bis zum 31. Juli verlängert werde. Mit dem Preis werden seit 2010 Einwohnerinnen und Einwohner der Gemeinde für hervorragende ehrenamtliche Tätigkeiten geehrt.

Außerdem bat Zimniok die Fraktionen in der Gemeindevertretersitzung um Stellungnahmen zur Frage, was mit zwei Fahrzeugen der Feuerwehr passieren solle, die demnächst ausgemustert werden. Im Raum stehe die Idee, diese der litauischen Partnerstadt Sumskas zur Verfügung zu stellen. Eine andere Möglichkeit sei ein Verkauf – allerdings sei nicht vorherzusehen, mit wie viel Einnahmen die Gemeinde dabei rechnen könne.

Kontroversen zu Haushaltsresten und Jahresabschlüssen

Für kontroverse Diskussionen sorgten Tagesordnungspunkte, die die Finanzen der Gemeinde betreffen. Dem Beschluss über den Jahresabschluss 2017 stimmten die Mitglieder des Gremiums mit einigen Enthaltungen zu. Was die Entlastung des Bürgermeisters betraf, gab es allerdings Diskussionen. Klaus-Günter Schnur (Fraktion ProBirke) kritisierte zum wiederholten Male, dass unklar sei, was mit Haushaltsresten passiere, also in dem jeweiligen Jahr eingeplanten, aber nicht ausgeschöpften Ausgaben. 2017 seien unter anderem im Straßenbau Investitionen geplant, aber nicht durchgeführt worden. „Aus diesen Gründen habe ich arge Bauchschmerzen damit, der Entlastung zuzustimmen“, unterstrich Schnur. Er predige seit Jahren, weniger Geld einzustellen und bei Mehrbedarf auf einen Nachtragshaushalt zurückzugreifen. Von Verwaltungsseite hieß es, dass diese Kritik nichts mit der  Korrektheit des Jahresabschlusses zu tun habe. Die Gemeindevertretung stimmte der Entlastung mit neun Ja-, vier Nein-Stimmen und fünf Enthaltungen zu.

Für weitere Diskussionen sorgte die Debatte über den Jahresabschluss 2018 der Gemeinde. Peter Ohme (ProBirke) hält diesen für fehlerhaft und hat dazu beim Institut für Wirtschaftsprüfer nachgefragt. Grund für die Kritik ist, dass die Fraktion ProBirke annimmt, dass das Verfahren um den Abriss der alten Schmiede nicht richtig gebucht wurde.

Bürgermeister Stephan Zimniok betonte, das Rechnungsprüfungsamt sei die zuständige Stelle und habe dem Jahresabschluss in dieser Form zugestimmt. Bei weiteren Zweifeln müsse man sich an die nächst höhere Stelle wenden. „Wir sind nicht die Instanz, die darüber befindet“, sagte Zimniok. Die Fraktion stellte den Antrag, die Abstimmung zu vertagen, bis der Sachverhalt geklärt sei. Dem stimmten mit neun Ja-Stimmen, acht Nein-Stimmen und zwei Enthaltungen eine knappe Mehrheit der Gemeindevertreterinnen und -vertreter zu.

Einstimmig beschloss das Gremium eine überplanmäßige Ausgabe in Höhe von 45.000 Euro für die Fertigstellung der Böschungssicherung an der Tongrube an der Frankenstraße. Die Verwaltung begründet die Ausgabe damit, dass die Gemeinde verpflichtet sei, die Tongrube gegen weiteres Abrutschen zu sichern. Unter anderem durch Probleme mit der Standfestigkeit von Böschungen komme es zu Mehrausgaben. Auf die Frage von Susanne Kohl (SPD), wie viel das Projekt am Ende kosten werde, berichtete Jens Kruse vom Bauamt Birkenwerder, dass er die Gesamtausgaben auf 150.000 bis 160.000 Euro schätze. Auf Nachfragen von Klaus-Günter Schnur erklärte Kämmerin Marei Graichen, dass die Mehrkosten gedeckt werden, indem aus dem Konto - Unterhaltung gemeindeeigener Liegenschaften und Grünflächen sowie Wanderwege -nichtverwendete Mittel aus dem letzten Jahr verwendet werden.

Neue Satzung zur Beteiligung von Einwohnerinnen und Einwohnern

Für Diskussionen sorgte die neue Einwohner*innenbeteiligungssatzung der Gemeinde. Sie regelt konkrete Einzelheiten zu bestimmten Beteiligungsformen – darunter Fragestunden in der Gemeindevertretung und den Ausschüssen, Versammlungen sowie Befragungen der Einwohnerschaft. Frau Dr. Daniela Oeynhausen (AfD) kritisierte, dass bei der Vorbereitung von Infrastrukturvorhaben in privater Trägerschaft 75 Prozent der Anliegenden eine Versammlung mit der Verwaltung beantragen müsse. Eine Versammlung ist notwendig, um ein solches Vorhaben zu planen. Die AfD-Fraktion hält die Grenze von 75 Prozent der Anliegenden, die sich dafür aussprechen müssen, für zu hoch. „Dadurch kommt es zu einem Abwürgen bürgerschaftlichen Engagements“, sagte Frau Dr. Daniela Oeynhausen und stellte den Antrag, dass nur 60 Prozent der Anliegenden ausreichen sollten. Peter Kleffmann (IOB-BiF) verwies darauf, dass es auch um den Frieden in der Nachbarschaft gehe, ein hoher Prozentsatz von Zustimmung also angeraten sei. Auch Susanne Kohl (SPD) argumentierte, dass dieses spezielle der privaten Trägerschaft Modell nur angesprochen werde, wo Straßen erstmals erschlossen werden. „Dann sind die Kosten sehr hoch, das bedingt in meinen Augen eine sehr hohe Akzeptanz. Deswegen finde ich diese Hürde auch nicht zu hoch“, erklärte sie. Die Gemeindevertretung stimmte mit großer Mehrheit für die neue Einwohner*innenbeteiligungssatzung in ihrer aktuellen Form.

Hauptausschuss entscheidet bis 100.000 Euro

Die Gemeindevertretung stimmte außerdem einstimmig für die Neufassung der Hauptsatzung der Gemeinde Birkenwerder. Auf Antrag der CDU-Fraktion aber beschlossen die Mitglieder des Gremiums zuerst eine Änderung des vorliegenden Entwurfs: Der Hauptausschuss soll nur bis zu einer Grenze von 100.000 Euro über finanzielle Mittel der Gemeinde entscheiden. Vorgesehen waren zunächst 200.000. Wenn zum Beispiel Vergaben über öffentliche Aufträge oder Immobiliengeschäfte der Gemeinde einen Wert von 100.000 Euro übersteigen, kann das laut der neuen Satzung nicht im Hauptausschuss, sondern nur in der Gemeindevertretung entschieden werden. 
 

Mit großer Mehrheit stimmte die Gemeindevertretung gegen einen Antrag der AfD-Fraktion, kostenfreie EDV-Sprechstunden nach dem Vorbild von altersfreundlichen Gemeinden zu etablieren. Frau Dr. Daniela Oeynhausen betonte, dass Seniorinnen und Senioren gerade in Pandemiezeiten darunter litten, nicht mehr mit der Familie und dem Freundeskreis kommunizieren zu können. Eine solche Sprechstunde solle von der Verwaltung gefördert werden, indem sie einen externen Dienstleister beauftrage oder der Freiwilligenagentur Fördermittel für die Aufwandsentschädigung von Ehrenamtlichen zur Verfügung stelle. Bürgermeister Zimniok erklärte, dass es auch ohne Beschluss Bestrebungen vonseiten der Freiwilligenagentur gebe. Was den IT-Bereich angehe, seien die Ressourcen der Gemeinde ausgeschöpft. Auch die CDU-Fraktion erklärte, es sei der falsche Ansatz, so etwas über die Verwaltung anzubieten. Alexandra Stolzenburg (IOB-BiF) verwies auf das Angebot der Volkshochschulen im Landkreis Oberhavel. „Es gibt Menschen, die leben davon, dass sie diese Kurse geben“, betonte sie.

Abschied von Dankfried Gabriel

Auf eigenen Wunsch wurde Susanne Pomerance von der Gemeindevertretung als Mitglied des Kulturbeirates abberufen. Verabschiedet wurde an diesem Abend auch Dankfried Gabriel (Die Linke), der sein Amt als Gemeindevertreter zu Ende März niederlegt. „Für mich war es eine total spannende Zeit“, sagt Gabriel. Er habe viel gelernt, wolle sich aber nun stärker der Vereinsarbeit widmen. Im Bundesverband Ethik sei er für die Organisation einer Tagung zuständig. Katrin Gehring dankte ihm für sein Engagement. Immer wieder habe er angemerkt, dass die Mitglieder der Gemeindevertretung doch freundlicher und wohlwollender miteinander umgehen sollten. „So wirst du mir in Erinnerung bleiben“, sagte sie. Auf Gabriel folgt Dirk Dassow, der in Zukunft die Fraktion Die Linke unterstützen wird.

Text/Foto: id