Sonder-GVV stimmt für das interkommunale Verkehrskonzept

Nach einer ausführlichen Vorstellung des interkommunalen Verkehrskonzepts durch die Planungsbüros in einer Sonder-GVV am 09.11.2021 stimmten die Birkenwerderaner Gemeindevertreterinnen und Gemeindevertreter dafür. 

 

 

 

13 Gemeindevertreterinnen und -vertreter nahmen an der Sondersitzung zum Thema „Interkommunales Verkehrskonzept“ teil, die meisten vor Ort im Ratssaal. Ebenfalls anwesend waren Vertreterinnen und Vertreter der Planungsbüros des Verkehrskonzepts sowie einige Bürgerinnen und Bürger, mehrheitlich Mitglieder des ADFC Birkenwerder (Allgemeiner Deutscher Fahrrad-Club e.V.).

Nach Feststellung der ordnungsgemäßen Ladung und der Beschlussfähigkeit durch die stellvertretende Vorsitzende der GVV, Dorothea Trebs (IOB-BiF), wurde die Tagesordnung für die Sitzung einstimmig angenommen. Dem Antrag auf Rederecht beim Tagesordnungspunkt „Interkommunales Verkehrskonzept“ von Andreas Blaschke vom ADFC wurde stattgegeben. Blaschke nutzte sein Rederecht für einen Apell an die Gemeindevertreterinnen und -vertreter, dass sie im Sinne der Einwohner – Senioren, Familien, Jugend, jetzige und zukünftige Generationen – entscheiden mögen. Blaschke bat außerdem darum, dass die Ergebnisse aus den Untersuchungen für das Verkehrskonzept wertgeschätzt würden und nicht nur lokal, sondern interkommunal betrachtet werden sollten. Mit einem verabschiedeten Verkehrskonzept als Grundlage seien beispielsweise hohe Förderungen für fahrradfreundliche Veränderungen möglich. Der ADFC habe den Prozess des Verkehrskonzepts von Beginn an begleitet und mit Detailkenntnis der Region und des Ortes unterstützt, erklärte Blaschke später.

Interkommunales Verkehrskonzept

Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von „Gertz Gutsche Rümenapp Stadtentwickelung und Mobilität GbR“ und „Urban Expert integrierte Stadtentwicklung + Beteiligungsprozesse“ stellten anschließend das von ihnen entwickelte interkommunale Verkehrskonzept für die Kommunen Birkenwerder, Hohen Neuendorf, Mühlenbecker Land und Glienicke/Nordbahn vor. In einer rund dreistündigen Präsentation – mit Zeit für Rückfragen und Diskussionen der Gemeindevertreterinnen und -vertreter – zeichneten die Planer ein umfassendes Bild vom Inhalt des Verkehrskonzepts. 

Hintergrund und Radverkehr

Hintergrund und Planungsauftrag, von den teilnehmenden Gemeinden formulierte Ziele, der Bearbeitungsprozess und die durchgeführten Haushalts- und Fahrgastbefragungen wurden vorgestellt und erläutert. Dann stellten die Stadtentwicklerinnen und Stadtentwickler die erarbeiteten Maßnahmenvorschläge vor. Im Bereich Rad- und Fußverkehr sollen beispielweise Radwege ausgebaut und Straßenoberflächen verbessert werden. Teilweise sollen Straßen in Fahrradstraßen umgewandelt werden. Auf Nachfrage von Dieter Bauer (AfD) konnten die Planer keinen Kostenrichtwert geben, da die Maßnahmen sehr unterschiedliche Kosten hervorrufen würden – eine Umwidmung als Fahrradstraße bedürfe lediglich Schilder und Markierungen, der Neubau eines Radweges sei deutlich teurer.

ÖVPN 

Im Bereich des öffentlichen Nahverkehrs sieht das Verkehrskonzept u.a. eine Taktverdichtung der S1 und der RB20 und die Wiederbelebung der Heidekrautbahn vor. Auch das Busnetz soll interkommunal ausgebaut werden, z.B. durch eine Verlängerung der Linie 125 von Frohnau über Hohen Neuendorf und Birkenwerder nach Borgsdorf und eine neue Buslinie, die vom Krankenhaus Birkenwerder über den Bahnhof Birkenwerder, Hohen Neuendorf West, S-Bahnhof Hohen Neuendorf, S-Bahnhof Bergfelde, Schönfließ und Glienicke/Nordbahn nach Berlin-Hermsdorf fährt. Außerdem sollen Anschlüsse und Umstiegsmöglichkeiten von Bus und Bahn verbessert werden. Schnelle Verbindungen zum Flughafen BER und ins Berliner Zentrum sind ebenfalls angedacht. Bedenken von Alexandra Stolzenburg (IOB-BiF), dass ein zusätzlicher  Regionalbahnhalt das Autoaufkommen aus umliegenden Gemeinden zum Bahnhof Birkenwerder erhöhen könnte, teilten die Stadtentwicklerinnen und -entwickler nicht. Und auch Bürgermeister Stephan Zimniok entgegnete, dass man ein attraktives Alternativangebot im öffentlichen Bereich mit dem Zielpunkt Bahnhof Birkenwerder bereitstellen könnte, damit Reisende zum Flughafen mit öffentlichen Verkehrsmitteln und nicht in eigenen Autos nach Birkenwerder kämen. Er begrüßte ebenfalls, dass neben den mittelfristigen Vorschlägen, die in Umsetzung befindliche Verlängerung der Linie 822 von den Planern, als Vorlauf bzw. Auftakt zur Grundversorgung der Gemeinde in Bezug auf den ÖPNV, empfohlen wurde. Viele Gemeindevertreterinnen und -vertreter zeigten sich in der Sitzung pessimistisch, was die Umsetzung der ÖVPN-Ideen betrifft, da bisher auch noch nichts realisiert worden sei.

KFZ-Verkehr, Inter- und Multimodalität

Im Bereich KFZ-Verkehr plant das Verkehrskonzept eine Optimierung des Verkehrsflusses auf der B96, die Erweiterung von Tempo 30 innerorts auf sensiblen Streckenabschnitten und außerorts, zumindest auf kurzen Strecken zwischen den Gemeinden, eine Reduzierung auf Tempo 70. 

Das interkommunale Verkehrskonzept sieht des Weiteren Mobilitätsstationen, W-Lan-Hotspots, Fachwerkstätten, witterungsgeschützte Warteplätz und Fahrradabstellplätze an Umsteigepunkten vor. Die vier teilnehmenden Kommunen sollten sich gemeinsam um Car- und Bike-Sharing-Angebote bemühen. Idealerweise mit Anbietern, die auch in Berlin Stationen betreiben.

Interkommunale Zusammenarbeit

Die Vertreterinnen und Vertreter der Planungsbüros betonten – und dies wurde auch in den Diskussionen der Gemeindevertreterinnen und -vertreter deutlich – wie wichtig es sei, dass die interkommunale Kooperation zwischen Birkenwerder, Hohen Neuendorf, Mühlenbecker Land und Glienicke/Nordbahn fortgesetzt und intensiviert wird, um das Konzept umzusetzen. Dafür sei ein regelmäßiger Austausch zwischen den Kommunen nötig und es bedürfe einer oder mehrerer verantwortlicher Personen. Peter Kleffmann (IOB-BiF) ergänzte, dass es wichtig sei, dass auch die Politik und nicht nur die Verwaltungen vertreten seien, um Einfluss auf übergeordnete Behörden nehmen zu können. „Wir müssen eine Organisation reinkriegen, die interkommunal funktioniert. Dann kriegen wir den Rest auch hin.“ Bürgermeister Stephan Zimniok ergänzte, dass es sinnvoll sei, diplomatische Wege zu gehen, um das große Ganze zu erreichen und in diesem Sinne beispielsweise nicht darauf zu beharren, dass die erste Maßnahme in Birkenwerder umgesetzt würde.

Mehrheit der GVV stimmte für das interkommunale Verkehrskonzept

Anträge von Peter Kleffmann (IOB-BiF) und Dr. Andrea Oeynhausen (AfD), die Abstimmung zu verschieben, Bedenkzeit zu haben und ausführliche Stellungsnahmen der Beiräte und Ausschüsse einzuholen, wurden abgelehnt, da die Beiräte im Entwicklungsprozess des Verkehrskonzepts bereits involviert waren und eine zeitnahe Entscheidung für Förderanträge nötig sei. Anschließend stimmten die Gemeindevertreterinnen und -vertreter mehrheitlich für die Beschlussvorlage 1860/2021 zur Billigung des interkommunalen Verkehrskonzepts. Jede einzelne Maßnahme aus dem Konzept muss später – trotz verabschiedetem Konzept – durch die Ausschüsse und die GVV gehen, erklärte Dorothea Trebs (IOB-BiF). In den Gesprächen nach der Sitzung konnte fast übereinstimmend festgestellt werden, dass die anwesenden Gemeindevertreterinnen und –vertreter froh waren, dieses „dicke“ Brett gebohrt zu haben.  
Das umfangreiche interkommunale Verkehrskonzept kann hier eingesehen werden: https://ratsinfo-online.de/birkenwerder-bi/to010.asp?SILFDNR=515 


Text/Foto: os

Bildunterschrift: Die GVV verabschiedete am 09.11.2021 in einer Sondersitzung das interkommunale Verkehrskonzept.