Bleibende Erinnerungen an die Fahrradtour von Birkenwerder nach Villetaneuse

In 13 Tagen mit dem Fahrrad von Birkenwerder in die Partnergemeinde Villetaneuse. Was anfangs nur eine Schnapsidee war, hat sich letztendlich zu einer echten Herausforderung für Körper und Willenskraft entwickelt. Aber fangen wir mal ganz von vorne an. Als wir im Februar 2023 angefangen haben, die Route zu planen, dachten wir uns bei Tagesetappen von durchschnittlich 90 Kilometern und 500 bis 1000 Höhenmetern nicht viel. Außerdem fahren wir ja im Hochsommer und da ist mit großer Wahrscheinlichkeit bestes Fahrradwetter. Bezüglich der Unterkünfte haben wir uns im Voraus keine Gedanken gemacht, damit wir die Etappen gegebenenfalls spontan anpassen können. So weit, so gut.

Start am 29. Juli 2023 vor dem Rathaus in Birkenwerder. Nach einer kurzen Verabschiedung durch den Bürgermeister, Verwandte und Freunde ging es dann um 10:15 Uhr endlich los. Dass wir in 13 Tagen hoffentlich in Villetaneuse ankommen, konnten wir noch nicht wirklich glauben. Hauptsache erstmal los. Die 83 Kilometer bis zum Tagesziel Rathenow führten uns über Hennigsdorf und Nauen einmal quer durchs Havelland. Abgesehen von einigen Regenschauern, die uns zu kurzen Pausen zwangen, lief alles rund. Für die erste Nacht hatte uns eine Bekannte von Chrissi eine Pension rausgesucht, da es die ganze Nacht regnen sollte. Am nächsten Morgen gut gefrühstückt, die Taschen aufgeschnallt und weiter Richtung Sachsen-Anhalt. Für die kommenden Tage wurden immer wieder Regenschauer angekündigt, weshalb wir uns dann erstmal dazu entschieden, möglichst in festen Unterkünften zu übernachten. Das Zwei-Kilo-Zelt werden wir ja bestimmt noch benutzen… Die zweite Etappe endete deshalb nicht wie geplant in Gardelegen, sondern in der Jugendherberge Haldensleben. Hier wurde zum ersten Mal die 100km-Marke geknackt und in der Unterkunft nächtigten wir, abgesehen von einer weiteren Familie, komplett allein.

Nach ausgiebigem Schlaf und einem klassischen Jugendherbergs-Frühstück ging es weiter nach Braunschweig. Die 73 Kilometer vergingen wie im Flug und wir kamen schon um 15 Uhr in der Innenstadt an. Da Chrissi bis zu diesem Zeitpunkt jeden Abend über ein schmerzendes Gesäß meckerte, konnten wir die Zeit nutzen, um seine Sitzknochen zu vermessen. Ergebnis: Sattel viel zu schmal, wodurch die lokalen Nervenbahnen ständig gereizt wurden. Ein passendes, vorrätiges Modell lag jedoch außerhalb unseres Budgets, weshalb wir kurzerhand auf „Kleinanzeigen“ schauten. Und siehe da: Etwas außerhalb von Braunschweig wurde ein kaum benutzter, passender Sattel günstig angeboten. Während Bene also noch ein paar Kilometer zusätzlich machte, hat Chrissi sich ums Abendbrot gekümmert und anschließend wurde eine Runde Karten gespielt.

In den darauffolgenden Etappen nach Hameln, Büren und Dortmund verbesserte sich die Sattellage dann deutlich und spätestens bei der Ankunft am Signal-Iduna-Park (laut Chrissi das schönste Stadion Deutschlands) waren die Gesäßprobleme vergessen. Der Regen wollte uns allerdings weiterhin Gesellschaft leisten, und beglückte uns immer wieder mit kurzen oder auch längeren Regenschauern. Zu diesem Zeitpunkt gelang es uns mittlerweile in Rekordzeit, die Regenjacken und Schuhüberzieher aus den Taschen zu holen und anzuziehen. Die drei jeweils gut 95 Kilometer langen Etappen gaben uns dabei auch schon mal einen Vorgeschmack auf die bevorstehenden Höhenmeter in Rheinland, Eifel und Ardennen.

Der siebte Tag sollte dann das Bergfest und mit nur 67 Kilometern auch die kürzeste Etappe der Tour markieren. Dieses Mal haben wir das Haus von Bene’s Onkel östlich von Köln angesteuert, wo wir nicht nur ordentlich beköstigt wurden (frischer Räucherfisch aus dem Ofen), sondern auch die Räder mal wieder auf Vordermann bringen konnten. Das Brötchenholen am nächsten Morgen wurde zusätzlich noch mit einer kurzen Mountainbikerunde entlang der Dhünntalsperre verbunden. Chrissi hatte bis dahin schon seit einigen Tagen Probleme mit dem linken Knie und konnte zeitweise nicht mal mehr das Bein richtig beugen. Aus diesem Grund entschlossen wir uns dazu, dass wir ab Köln getrennte Wege gehen und Chrissi mit der Bahn bis Trier vorfährt. In der Zwischenzeit legt Bene den Weg in zwei Tagesetappen zurück. Am achten Tag ging es daher von Neschen über Köln bis nach Blankenheim im Ahrtal. Die Vermieterin bot Bene bei der Ankunft an, dass er bei ihnen eine Pizza mitbestellen könne, denn es war bereits 18:30 Uhr und der nächste Supermarkt rund zehn Kilometer entfernt. Nach dieser guten Stärkung und einer großen Packung gesalzener Erdnüsse ging es früh ins Bett. Für die neunte Etappe mit 104 Kilometern und 1400 Höhenmetern wollte man schließlich ausgeschlafen sein.

Gegen 9:15 Uhr, so früh wie nie, ging es los in Richtung Trier. Erst bis nach Gerolstein und von da an immer entlang des Kylltalradwegs bis zur Mosel. Angekommen am Tagesziel gab es erst noch eine kurze Stadtführung von unserer ehemaligen Schulkameradin Hannah, welche uns im Anschluss auch ein Quartier in ihrem Studentenwohnheim bereitstellte.

Am zehnten Tag waren wir dann wieder zu zweit unterwegs, jedoch musste Chrissi schon nach kurzer Zeit feststellen, dass Tapes und Ruhe dem Knie nicht wirklich geholfen haben. Aus diesem Grund wurde bereits da die Entscheidung getroffen, dass wir die restlichen Etappen ganz entspannt zurücklegen. Nach der Durchquerung Luxemburgs (was übrigens entgegen Bene’s Erwartung nicht nur eine große Stadt ist), haben wir nach einem sehr sonnigen Tag ein Appartment-Hotel kurz hinter der belgischen Grenze angesteuert. Bereits hier mussten wir unsere eingerosteten Französisch-Kenntnisse aus der Schulzeit zum ersten Mal unter Beweis stellen, was anfangs noch etwas schwierig war. Aber es sollten ja noch einige Tage kommen, in denen wir üben können.

Die letzten drei Etappen waren mit durchschnittlich 105 Kilometern auch die Längsten. Nachdem wir am elften Tag Frankreich erreichten, wirkte das Ziel auf einmal viel näher. Auch das Wetter kam endlich auf die Idee, sich von seiner schönen Seite zu zeigen, was das Fahren an sich wesentlich angenehmer machte. Nach zwei Tagen in den Ardennen hielten wir für unsere letzte Nacht in einem kleinen Ort zwischen Paris und Reims. Die Unterkunft und das Frühstück mit selbstgemachten Croissants und Marmeladen waren dabei nochmal ein Highlight und gaben uns Kraft für die letzte Etappe. Anfangs, immer entlang der „Marne“, ließen die Radwege noch sehr zu wünschen übrig und waren höchstens „selten befahrene Feldwege“. Ab Meaux sollte sich das jedoch schlagartig ändern und wir konnten parallel zu einem Kanal sehr entspannt nach Paris einrollen. Nach einer letzten Pause am „Stade de France“ in Saint-Denis ging es dann auf direktem Wege nach Villetaneuse zur „Mairie“ (Rathaus). Wir hatten im Vorfeld mit einigen Vertretern der Gemeinde gesprochen und angekündigt, dass wir mit Fahrrad dort am 10. August ankommen werden. Wie der Empfang letztendlich aussehen würde, wussten wir allerdings noch nicht. Umso überraschter waren wir, als uns neben dem Bürgermeister von Villetaneuse auch Birkenwerder’s Bürgermeister Stephan Zimniok und der Vorsitzende vom Städtepartnerschaftskommitee Sumskas, Markus Duda, vor dem Rathaus in Empfang nahmen. Nach einem kurzen Fotoshooting konnten wir uns an einem kleinen Buffet stärken und haben im Anschluss noch eine Führung durch das Rathaus erhalten. Hier wurden auch die von der Gemeinde gesponserten Radtrikots unterschrieben und ein Exemplar an unsere Partnergemeinde Villetaneuse übergeben. Am Abend ging es dann für uns beide noch schnell mit der Bahn zum beliebten Aussichtspunkt auf dem Montmartre.

Den Abschluss der Radtour sollte am Freitag eine Stadtführung mit Fahrrad bilden, an der wir gemeinsam mit Stephan und Markus teilnahmen. Der Bürgermeister hat uns neben dem Kulturzentrum, einem Park und dem Universitätscampus auch einige größere Projekte der Gemeinde gezeigt. Dabei konnten wir nicht nur die Gemeinde besser kennenlernen, sondern kamen auch mit dem Bürgermeister und einigen Mitarbeitern in den Austausch.

1240 Kilometer und 10069 Höhenmeter später können wir festhalten, dass uns diese Tour zwar teilweise echt an unsere Grenzen gebracht hat, wir dafür aber viele schöne Erlebnisse und Erfahrungen mitgenommen haben. In diesem Sinne möchten wir uns auch nochmal bei den Gemeinden Birkenwerder und Villetaneuse sowie Freunden und Bekannten für die Unterstützung bei Planung und Durchführung der Tour bedanken! Wir freuen uns, einen Teil zur deutsch-französischen Freundschaft beigetragen zu haben und hoffen, dass die Städtepartnerschaft in Zukunft wieder mit neuem Leben gefüllt wird.

Text/Foto: Benedict Hein

Bildunterschrift:
Bild 1: Start am 29. Juli 2023 vor dem Rathaus in Birkenwerder mit dem Bürgermeister Stephan Zimniok
Bild 2: Benedict Hein und Christoph Krabel
Bild 3: Empfang am 10.08.2023 vor dem Rathaus von Villetaneuse (v.l.n.r. Dolmetscherin Selina Hammer, Stellvertretender Bürgermeister von Villetaneuse Tarik Zahidi, Vorsitzende des Partnerschaftskommitees mit Birkenwerder Patricia Fernandes, Benedict Hein, Bürgermeister von Villetaneuse Dieunor Excellent, Bürgermeister von Birkenwerder Stephan Zimniok, Christoph Krabel und Vorsitzender vom Städtepartnerschaftskommitee Sumskas Markus Duda