Die erste Chronik von Birkenwerder

Dem ersten Chronisten von Birkenwerder, Pfarrer Johann Friedlieb Bona, im Amt von 1710 bis 1720, verdanken wir interessante Informationen über unseren Ort in seiner Zeit.
Er war der dritte Prediger in der evangelisch-lutherischen Kirchengemeinde.

Sein Bericht ist überschrieben mit „Nachricht von Birkenwerder und den dazu gehörigen Filiabus“.

Unter Filiale bezeichnete man eine kleinere Gemeinde, die einer Kirche in einem meist größeren Ort zugeordnet war. Zu Bonas Zeiten gehörte Hohen Neuendorf, Borgsdorf, Bergfelde und Pinnow zu Birkenwerder.
Die erste Seite der „Nachricht“ ist als Anlage wiedergegeben. Die einleitenden Sätze lauten: „Birkenwerder das Dorf welches an sich aus 18 Wohnhäuser bestehet, lieget 3 Meilen von Berlin, gegen Mitternacht, an der Oranienburger Straße, vormals ists ein fein ansehnlich Rittergut gewesen, die letzten von Adel sind welche von Hacken gewesen, welche aber von der hochseel. Churfürstin Fr. Dorothee Loysen ausgekauft worden …“. Beim Namen der Kurfürstin irrt Bona, natürlich ist Louise Henriette gemeint.

Pfarrer Bona berichtet dann über die Aufteilung des Rittergutes an sechs Freibauern durch die Kurfürstin. Es folgen die Beschreibung der örtlichen Verhältnisse, also die Seen, das Mühlenflies mit seinen Mühlen, die Kirche samt Turm, beides im schlechten Zustand. Das Geläut besteht aus zwei „mittelmäßigen Glocken“, eine dritte Glocke, die Schlagglocke, hängt außerhalb des Turmes.

1706 wurde ein neues Pfarrhaus gebaut. Den zugeordneten Garten, der damals als wichtige Grundlage für die Eigenversorgung der Pfarre galt, muss Bona selbst „aus dem Corr (Moor) herausreißen“ und mit geringem Nutzen bebauen. Zu seiner Zeit wird auch erst ein Acker, der auf Hohen Neuendorfer Gebiet liegt, der Pfarre „zugemessen“; er ist sehr schlecht und von Birkenwerder aus ungünstig zu bearbeiten. Etwas besser ist der in Birkenwerder zugeteilte Acker, der allerdings aus zerstreuten Flecken besteht. Insgesamt schätzt Bona das Ackerland der ganzen Gemeinde als ziemlich unfruchtbar ein. Die Wiesen leiden in vielen Jahren an Nässe. Das Beste, was die Umgebung zu bieten hat, ist die Holzung.

In vielen Äußerungen Pfarrer Bonas ist zu erkennen, dass seine materielle Lage nicht gut ist. (Über seine Besoldung schweigt er sich aus, sie betrug etwa 150 Taler im Jahr.)
Trotzdem ist er zufrieden und schreibt: „Jedoch sei des Heiligen Gottes Namen gepriesen, der uns das Wenige bisher mit Gnaden in Frieden, bei guter Gesundheit hat genießen lassen“.

Weiter berichtet Pfarrer Bona über Leben und Wirken seiner Vorgänger, Friedrich Franz Stoltz (1706 – 1707), Gabriel Teustet (andere Schreibweise „Trüstedt“, 1708 – 1709), der sein Amt sehr schlecht geführt hat, und von sich selbst. Bona schildert sehr ausführlich seine Herkunft, Ausbildung und Tätigkeit vor seiner Amtszeit in Birkenwerder (1710 – 1720).

Sonderbare Erlebnisse hat er während dieser Zeit nicht erfahren, es gab weder Naturkatastrophen noch Feuerbrünste oder andere große Unglücksfälle.

Bemerkenswert erscheint ihm die Geburt von Drillingen! Er vermeldet, dass die Birkenwerderaner in einer gesunden Umgebung leben, was sich allerdings nicht auf eine höhere Lebenserwartung auswirkt. Es finden sich keine geographischen Besonderheiten wie „Bergwerke“, „Steinklüfte“ und besondere „Erdarten“. Die Vorkommen von Ton in der Feldmark von Birkenwerder waren zu seiner Zeit noch nicht entdeckt. Pfarrer Bona hat auch keine unbekannten Arten „der Thiere, Fische und Vögel“ festgestellt.

An den Text zu Birkenwerder schließen sich die Nachrichten zu den Filialen, nach Bonas Schreibweise „Hohen Neuendorff, Borgsdorf, Birkfelde und Pinno“ in unterschiedlichem Umfang, aber mit z. T. interessanten Schilderungen zu besonderen Ereignissen und Kriminalfällen an.
Die „Nachricht von Birkenwerder“ von Pfarrer Johann Friedlieb Bona ist von Interesse, Güte und Wohlwollen zu seiner Gemeinde geprägt, doch hat er auch Ungemach von seinen Mitmenschen ertragen müssen. Er äußert sich dazu „…, dass kein besser und kräftiger Mittel sei, die vorsätzliche Bosheit, sonderlich wenn sie mit dem Deckmantel der Heuchelei behängt ist, am heldenmütigsten zu begegnen, als wann man die Bösen traget mit Sanftmuth und Demuth“.

Autor: Siegfried Herfert