Der faule Krüger von Birkenwerder

In dem Bemühen um die Entwicklung ihrer Stadt Oranienburg legte die Kurfürstin Louise Henriette besondere Sorgfalt auf den Wirtschaftszweig des Bierbrauens. Ursache u.a. dafür war die Tatsache, dass damals Bier als Nahrungsmittel galt und von Jung und Alt in nicht geringen Mengen getrunken wurde – es war oft gesünder als das mit Keimen belastete Wasser. Ich habe über die Trinkgewohnheiten der Oranienburger in meiner Artikelserie über das von der Kurfürstin gestiftete Waisenhaus berichtet. Hier wurde auch Bier gebraut und den Kindern zur Hauptmahlzeit gereicht.

1653/54 errichtete sie in der Nähe des Schlosses eine große Brauerei, gebaut wurden die dafür notwendigen Einrichtungen, wie das Hopfendarrhaus und das Malzhaus. Um den Absatz ihres Bieres gewinnbringend zu sichern, kaufte sie in der Umgebung Krüge auf, die mit einer Braugenehmigung ausgestattet waren.

Das geschah 1652 mit dem mit dem Ort erworbenen Krug in Zehlendorf, auch 1652 mit dem Krug in Wensickendorf, 1653 mit dem Kauf des Gutes in Birkenwerder und dem zugehörigen Krug, 1654 mit dem Krug zu Schönerlinde und mit dem Dorf Zühlsdorf einschließlich Krug und 1655 mit dem Erb- und Braukrug zu Germendorf. Die eingesetzten Krüger waren nunmehr verpflichtet, das Bier aus dem Amte Oranienburg zu beziehen.

Louise Henriette erkannte aber bald, daß die Verwaltung und Kontrolle der Krüge schwierig wurde und verkaufte nach kurzer Zeit wieder einige Krüge. Das betraf u.a. Zehlendorf und 1654 den Krug in Birkenwerder. Hier ging dieses Geschäft anfänglich gründlich schief.

Nach mehrfachem Besitzerwechsel gehörte der Krug 1677 Joachim Runge, von den Einwohnern als „fauler Krüger“ benannt. In einem im Brandenburgischen Landeshauptarchiv in Potsdam verwahrten Aktenband befindet sich die Abschrift eines Kaufbriefes, in dem über die Situation des Kruges und über den neuerlichen Verkauf berichtet wird.

Die in der Abbildung wiedergegebene Passage des Kaufbriefes lautet:

„Zu wissen sey hiermit, denen solches Wissen vonnöthen, daß, nachdem Joachim Runge den Krugk zu Berkenwerder abermal verlassen und denselben während der Zeit, so er drauß gesessen, fast ganz eingehen lassen, auch über dem Churfürstl. Ambte und denen Kalbes Erben [wahrscheinlich ein Vorbesitzer] ein Ziemliches schuldigk geblieben, heute unten gesetzten dato das Churfürstl. Ambt mit Joachim Hönen wegen dieses Kruges nachfolgend sich verglichen … …Verkauft demnach das Churfürstl. Ambt erwehnten Joachim Hönen den zu Birkenwerder belegenen Krugk…“

Als Kaufpreis wird die Summe von 195 Reichstalern festgelegt, zu zahlen in Raten zu konkreten Terminen, abzüglich der Ausgaben für dringend notwendige Reparaturen und Begleichung der auf dem Krug lastenden Schulden.

Natürlich wird der neue Besitzer belehrt, wie er sich als getreuer und gehorsamer Untertan zu verhalten und dem Amt gegenüber aufzutreten hat.

Am Schluß wird angegeben, daß das Original mit dem Amtssiegel besiegelt und vom Amt Oranienburg am 2. Juli 1677 ausgegeben wurde, unterschrieben von Joachim Ernst von Lüderitz – eine weitere Unterschrift ist unleserlich. Unter den Unterschriften befindet sich die Notiz über die Übereinstimmung der Abschrift mit dem Original mit drei unleserlichen Namenszügen.

Autor: Siegfried Herfert