Gästehaus am Boddensee - Wohngemeinschaft für vertriebene UkranerInnen

In der Gemeinde Birkenwerder haben zeitweise etwa 150 geflüchtete UkrainerInnen durch private Unterbringungen Zuflucht gefunden. Seit der Ankunft der Flüchtlinge aus Syrien ab 2015 etablierte sich in Birkenwerder eine Willkommenskultur, mit vielen privaten Helfern und der Struktur der Willkommensinitiative. Mit vereinten Kräften gelang es dem Netzwerk, Paten und Gäste zusammenzubringen, einen gemeindeeigenen Raum für gemeinsame Aktivitäten, Deutsch-Unterricht und Beratung zu Verwaltungsangelegenheiten zu organisieren und eine kurze Verbindung zu den zuständigen Behörden aufzubauen.

Viele der Unterbringungen erfolgten als so genannte Couchunterbringungen in Familienwohnungen mit gemeinschaftlicher Nutzung von Bad und Küche, um schnell helfen zu können. Das Miteinanderleben von Menschen, die der Zufall zusammengeführt hat, mit Sprachbarrieren und unterschiedlichen kulturellen Prägungen ist selbstverständlich eine tägliche Herausforderung und keine Dauerlösung. Um nach mittlerweile mehr als 4 Monaten Abhilfe zu schaffen, wurde in den vergangenen Wochen von mehreren Akteuren in der Gemeinde Lösungen für eine dauerhafte Unterbringung in den eigenen vier Wänden gesucht. Hierbei gerieten Immobilien im öffentlichen Eigentum in den Focus. Die Gemeindevertreterin Alexandra Stolzenburg (IOB-BIF) entdeckte hierbei das derzeit ungenutzte Gästehaus im Eigentum des Bundesvermögens (BIMA) am Boddensee in der Sacco-Vanzetti Straße und stellte einen Kontakt zur zuständigen Behörde her. Nachdem der Landkreis, in seiner offiziellen Verantwortung für die Unterbringung der Geflüchteten, das Interesse an der Immobile, aufgrund der geringen Größe abgelehnt hat, nahm die Gemeindevertreterin (die Linke) und Mitglied der Willkommensinitiative Andrea Müller den Kontakt zur BIMA auf und lotete die Möglichkeiten einer Zusammenarbeit aus.

Erste Abstimmungen zeigten eine große Bereitschaft der BIMA, ein Projekt zu unterstützen, welches die Nutzung des aktuell leeren Hauses durch bis zu 25 Geflüchtete vorsieht. Der Verein Nordbahngemeinden mit Courage e.V. zeigte sich bereit, die Verantwortung für das Projekt zu übernehmen und als Hauptmieter in die Verpflichtung gegenüber der BIMA zu treten. Weitere Abstimmungen mit dem Eigentümer, dem Jobcenter und dem Finanzamt wurden vom NMC durchgeführt, um Rechtssicherheit für das Projekt zu erlangen, während Andrea Müller (die Linke) und ihr Netzwerk aus Geflüchteten, Paten und Helfern die Nutzungsstruktur weiter organisierten.

 

Der Verein Nordbahngemeinden mit Courage e.V. ist mit seinem Vertretendem Vorstand haftbar für alle Vertragsbestandteile und daher auf die Mitarbeit des Netzwerkes und dem Wohlwollen der beteiligten Ämter angewiesen. Aktuell werden die Mietverträge vorbereitet, die Belegung des Hauses anhand der Bedarfe geklärt, kleine Renovierungsarbeiten durchgeführt sowie die Gemeinschafts- und die Privaträume vorbereitet. Für die Bestückung der Räume werden brauchbare Secondhand-Möbel und Geräte gesucht und herbeigeschafft. Nur wenige, nicht beschaffbare aber notwendige Dinge sollen als Neuware gekauft werden. Hiermit verfolgen wir einen ökonomischen und vor allem ökologischen Ansatz.

Mit dem Projekt „Gästehaus am Boddensee“ will das zivilgesellschaftliche Netzwerk in Birkenwerder eine pragmatische Lösung für die Probleme aufzeigen, die sich auf großer Ebene schlechter lösen lassen. Wir wollen stolz sein, auf eine würdige Unterbringung unserer Gäste, die hier zurecht Schutz vor Krieg in Europa suchen. Mit dem Einsatz von ehrenamtlichen Kapazitäten in Birkenwerder ermöglichen wir eine Unterbringung von Geflüchteten, die einerseits dem Landkreis, bzw. dem Steuerzahler nur ein Bruchteil des Geldes von offiziellen Gemeinschaftsunterkünften kostet und andererseits eine Chance auf Rückzug, aber auch Empowerment und Integration bietet. 

Der Verein Nordbahngemeinden mit Courage und die aktuellen Gastgeber, die je nach ihren persönlichen Möglichkeiten weiterhin als Paten an der Seite der UkrainerInnen stehen, freuen sich auf weitere ideelle, monetäre und personelle Unterstützung durch Privatpersonen, die eventuell aktive Vereinsmitglied im NMC e.V. werden möchten, die Gemeinde Birkenwerder die vielleicht als eine Art Schirmherr mit breiten Schulter hinter dem Projekt steht und vor allem mit anderen Vereinen, die an diesem Projekt interessiert sind. Gemeinsam können wir an dieser Stelle einen sicheren Ort für Geflüchtete und ein Leuchtturmprojekt für zivilgesellschaftliches Engagement schaffen, welcher seine Wirkung weit über die Gemeindegrenzen hinaus entfaltet.

Bildunterschrift: Möbeltransport der zukünftigen Bewohner

Text / Foto: Nordbahngemeinden mit Courage e.V.

Der erweiterte Vorstand