Darauf haben die Fans der Ost-Rockband Silly sehnsüchtig gewartet: Am Freitag, den 11. August 2023, spielten die Kultmusiker auf der Bühne der Festwiese Birkenwerder. Ein Abend mit lauter und leiser Musik, spontanem Tanz, irren Gitarrenriffs, klugen Texten, witzigen Anekdoten und ganz viel Gänsehaut.
Schon zwei Stunden vorher strömten die Besucher in Richtung Ortszentrum. Viele waren mit dem Schienenersatzverkehr angereist. Ein Großteil der Gäste, die in der Nähe wohnen, kam auch zu Fuß oder mit dem Fahrrad. „Wir kommen aus Hohen Neuendorf und sind zu Fuß rüber gelaufen. Das hat den Vorteil, dass wir hier auch ein Abend-Bier trinken können und nicht fahren müssen“, erzählt Cordula Zastrau. „Wir sind alte Ossis“, bekennt die 55-Jährige über sich und ihren Mann. „Wir haben Silly schon zu DDR-Zeiten gehört und finden die Band super.“Auch wenn das Publikum vom Alter her durchmischt ist, so fällt doch ganz klar auf: Der Großteil ist zwischen 50 und 70 Jahren alt, und kennt die frühen Silly-Hits aus jungen Jahren. „Heute Abend wollen wir ganz Birkenwerder zu Beben bringen“, erklärt Dieter Birr, und er sollte recht bekommen. „Endlich können wir wieder live spielen.“
Von großem Jubel begleitet beginnt die Show. Uwe Hassbecker tritt sowohl im Hauptact mit seiner Band Silly auf, als auch im Vorprogramm zusammen mit Dieter Birr, auch „Maschine“ genannt. „Maschine intim – Lieder für Generationen“ nennt sich das Programm. Es wird begleitet durch Anekdoten aus dem Leben der beiden Ausnahme-Künstler. Dieter Birr war früher Sänger bei den Puhdys. Mit „Geh zu ihr“, „Alt wie ein Baum“ und „Wir wollen die Eisbären sehen“ spielen die beiden einige Klassiker der Puhdys. Gänsehautgefühl kommt beim Lied „Was bleibt, sind Freunde fürs Leben“ auf. Da liegen sich so manche Zuschauer schunkelnd in den Armen.
Wesentlich lauter und rockiger wird es, als um kurz vor halb zehn der Hauptact Silly auf die Bühne schreitet. Mit irren Gitarrenriffs begeistern sie ihr Publikum, die markante raue Stimme von Julia Neigel dröhnt durch ganz Birkenwerder. Silly spielt sowohl Hits aus ihrem neuesten Album Instandbesetzt von 2021 als auch die alten Klassiker wie „Mont Klamott“ oder, aus späteren Jahren, „Alles Rot“. Sillys Texte sind tiefgründig, regen zum Nachdenken an, aber geben auch Hoffnung. Wehmütig denken viele Gäste noch an die Zeit zurück, die Silly ab den 80er-Jahren mit ihrer ersten Sängerin erlebte. Tamara Danz starb auf tragische Weise bereits 1996 mit 43 Jahren an Krebs. Dann wurde es lange still um Silly, die Band verbrachte viel Zeit im Studio. Mit Anna Loos bekamen sie eine neue Sängerin, später stieß AnNa R. von Rosenstolz dazu und nun ist Julia Neigel Frontfrau der Band.
Mit Einbruch der Dunkelheit werden viele Fans sentimental. Leuchtende Augen im Publikum halten den Moment fest, in dem man dem Alltag erfolgreich entflohen ist. „Es ist so schön, genauso wie ich es mir vorgestellt habe“, sagt eine ältere Frau, die ganz dicht an der Bühne steht, zu ihren Begleitern. Einige Fans haben einen weiten Weg auf sich genommen, um das Konzert zu besuchen, zum Beispiel Gerlinde Neubauer aus Chemnitz, oder Katharina Frölich und ihr Mann René Thiedemann aus Römhild (Thüringen). „Wir sind 460 Kilometer gefahren und übernachten heute im Hotel in Birkenwerder“, erzählt Katharina Frölich. Besonders gut gefällt ihr, dass Toni Krahl von der Band City zur Zeit bei Silly mitspielt.
Text/Foto: ww
Bildunterschrift: Sängerin Julia Neigel gibt alles, ebenso wie die Musiker Uwe Hassbecker (l.) und Hans-Jürgen „Jäcky“ Reznicek.