Politik spielen und verstehen

Bereits zum sechsten Mal lud die Kinder- und Jugendbeauftragte der Gemeinde Birkenwerder, Sophie Friese, vom 12. bis 21. September 2022 die Politik-Kurse der Regine-Hildebrandt-Schule zum Planspiel ins Rathaus ein. Die Schülerinnen und Schüler nutzten die Gelegenheit, um Kommunalpolitik praktisch zu erfahren.

47 Schülerinnen und Schüler aus Politik-Grund- und Leistungskursen der Regine-Hildebrandt-Schule schlüpften für jeweils zwei Tage in die Rollen fiktiver Kommunalpolitikerinnen und -politiker. Aufgeteilt in drei Gruppen erlebten die Jugendlichen die Abläufe der Kommunalpolitik. Zunächst bildeten sie Fraktionen, wählten Fraktionsvorsitzende und erarbeiteten Beschlussvorlagen. Anschließend ging es in die Ausschusssitzungen: Im Ortsentwicklungsausschuss, im Sozialausschuss und im Finanzausschuss wurden die Beschlussvorlagen diskutiert und abschließend in der Gemeindevertreterversammlung (GVV) abgestimmt. Jede Gruppe besuchte außerdem eine Ausschusssitzung oder Gemeindevertreterversammlung der realen Kommunalpolitiker Birkenwerders.

Komplexe Kommunalpolitik

Abläufe und Regeln, dass beispielswiese die Abgeordneten nur zweimal vier Minuten Rederecht in der GVV haben, und auch Herausforderungen, wie Mehrheiten für eigene Ideen zu bekommen, erlebten die 12. Klässlerinnen und 12. Klässler während des Planspiels, statt es nur theoretisch zu lernen. „Es ist schön, wenn man die Aha-Effekte sieht. Dass erkannt wird, dass auch Kommunalpolitik wirklich komplex ist“, so Sophie Friese, die das Planspiel der Gemeinde Birkenwerder vor sechs Jahren ins Leben gerufen hat. Die Figuren, samt Charakterbeschreibungen, und Fraktionen (Liberale Fraktion Birkenwerders, Grüne Birkenwerder, Soziales Forum Birkenwerder und Konservative  Bürger Birkenwerders) stammen aus ihrer Feder. Sie sind fiktiv, jedoch teilweise an Birkenwerders realer Kommunalpolitik angelehnt. Die Schülerinnen und Schüler lobten die Charakterbeschreibungen, die das Hineinfinden in die Rollen erleichtert hätten. Sophie Friese erklärte, dass es manchen Jugendlichen dennoch schwer falle, im Planspiel eine politische Position vor der Gruppe zu vertreten, die der eigenen widerspräche.

Verständnis und Engagement

Erkenntnisreich war das Planspiel jedoch in jedem Fall. Es habe ihm Spaß gemacht, zu erfahren, wie Politik auf Kommunalebene überhaupt funktioniere, berichtet Nicklas Augustin, der im Planspiel die Rolle des Martin Adlbergers (Konservative Bürger Birkenwerders) inne hatte. Neu für ihn war, „dass es sehr viele Ausschüsse und Abstimmungen über alles gibt.“ Das ganze Planspiel fand er sehr interessant und ein bisschen abschreckend. Dennoch könne er sich vorstellen, sich zukünftig in der Kommunalpolitik zu engagieren.

Seine Mitschülerin Caroline Winter, im Planspiel Renate Zink von der Liberalen Fraktion Birkenwerders, fand es erstaunlich, „dass man sich mit Fraktionen, mit deren Werten man überhaupt nicht übereinstimmt, zusammentut, um Beschlüsse durchzubekommen.“ Hierzu erklärte Bürgermeister Stephan Zimniok, dass es in der Kommunalpolitik vor allem darum ginge, das Beste für den Ort zu erreichen und dass Kommunalpolitik nicht parteibuchgebunden sein sollte. „Jede Meinung kann das Plenum bereichern.“ Er warb dafür, dass sich Birkenwerders Jugendliche politisch im Ort engagieren. Dabei bot er seine Hilfe an, passende Möglichkeiten zu finden. Der Kinder- und Jugendbeirat sei in jedem Fall eine tolle Einstiegsmöglichkeit in die Kommunalpolitik. Weniger verpflichtend als die Mitarbeit in einer Fraktion, aber dennoch mit Einflussmöglichkeiten durch die Beratungsfunktion des Beirats, erklärte Sophie Friese.

Perspektivwechsel

Das Planspiel führte bei Niklas Ebeling alias Jens Peter von den Konservativen Bürgern Birkenwerders zu der Erkenntnis und damit einhergehendem Verständnis, dass Kommunalpolitiker teilweise sehr einschränkt in ihren Möglichkeiten seien, unmittelbar auf Bürgeranfragen einzugehen. Genau solches Verständnis durch den Perspektivwechsel lobte Susanne Kohl (SPD), die einzelne Ausschusssitzungen des Planspiels besuchte. Dieser Perspektivwechsel täte auch ihr gut: Als Bürgerin saß sie hinten im Ratssaal und folgte einem freien Meinungsaustausch der Planspielpolitikerinnen und -politiker, ohne Taktik oder Strategie. „Die jungen Leute sind frisch und unverbraucht. Man sieht, dass Politik Spaß machen kann“, so die Gemeindevertreterin. Wünschenswert sei, ihrer Meinung nach, ein Austausch zwischen Jugendlichen und Kommunalpolitikerinnen und -politikern über das Planspiel hinaus.

Text/Foto: os

Bildunterschrift:

Vom 12. bis 21.09.2022 fand das sechste Planspiel der Gemeinde Birkenwerder mit Schülerinnen und Schülern der Regine-Hildebrandt-Schule statt.