Bericht zur letzten GVV vom 14.06.2022

Schulerweiterungsbau „schweren Herzens“ auf Eis gelegt

Kita-Gebühren, Energiewende, der Erweiterungsbau der Pestalozzi-Grundschule und Gefahren für Radfahrende, Fußgängerinnen und Fußgänger waren Themen in der Juni-Sitzung der Birkenwerderaner Gemeindevertretersitzung. Beschlossen wurden unter anderem konkrete Schritte zur Energiewende in der Gemeinde.

Die Verwaltung soll geeignete Maßnahmen zur Minderung der Kosten für Strom und Wärme in kommunalen Gebäuden erarbeiten und vorstellen. Als erster Schritt wird mit dem Bestandsgebäude der Pestalozzi-Grundschule begonnen, das mit einem neuen Wärmeerzeuger ausgestattet wird. Die Grundschule habe in den vergangenen Jahren im Vergleich mit allen anderen kommunalen Einrichtungen den höchsten Wärmebedarf gehabt, heißt es in der Vorlage der Verwaltung. Darin wird auch auf die rasant gestiegenen Preise für Strom und fossile Brennstoffe wie Öl und Gas verwiesen. „Nach meiner Auffassung ist der Vorschlag, den ich gemacht habe, unausweichlich“, betonte Bürgermeister Stephan Zimniok (IOB-BiF).
Ziel sei, dass die Versorgung der Gemeinde mit Wärme und Strom langfristig auf einem stabilen und leistbaren Niveau gehalten wird. Dazu gehöre auch die Unabhängigkeit von fossilen Energieträgern, sagte Zimniok. Die Gemeinde solle in Zukunft selbst Strom produzieren – ohne den Anspruch zu haben, autark zu werden.

Gemeindevertreter verschieben Großprojekt 

Die Gemeindevertretung hat bei der Sitzung auch beschlossen, die Umsetzung des Projektes zur Erweiterung der Pestalozzi-Grundschule für die Dauer von bis zu drei Jahren auszusetzen – sobald die bereits beauftragte Leistungsphase 3 abgeschlossen ist. Die für den Bau im Haushalt vorgesehenen Mittel sollen stattdessen für die Erneuerung der Wärmeerzeuger und den Bau von Photovoltaikanlagen an Gebäuden der Gemeinde eingesetzt werden. Bürgermeister Stephan Zimniok sagte, dass sich Birkenwerder momentan nur die Sanierung oder den Neubau finanziell stemmen könne und betonte, dass die Maßnahmen zur Energiewende dringend erforderlich seien.  Gleichzeitig unterstrich er, dass die Erweiterung der Pestalozzi-Grundschule nicht aufgehoben, sondern ausgesetzt  werde. Ich bin weiterhin der Auffassung, dass die Bedarfe in der Grundschule vorhanden sind. Die auf hohem Niveau stagnierenden Schülerzahlen spiegeln das in jedem Jahr wieder sehr deutlich. Die Verwaltung werde weiter nach Fördermitteln für das Projekt suchen. Beim Programm KIP II, auf das sich Birkenwerder beworben hat, werden aufgrund der vielen Antragsteller jedoch nicht ansatzweise so viele Mittel fließen, wie sich die Gemeinde erhofft habe, so ist auch dies ein Grund die Prioritäten kurzfristig zu verschieben, um künftig dauerhaft Geld zu sparen. Vertreterinnen und Vertreter mehrerer Fraktion betonten, dass sie den Beschluss zwar aus Vernunftgründen unterstützten, die Planungen aber sobald wie möglich wieder aufnehmen wollen. „Mir blutet das Herz“, sagte Marina Zeidler (ProBirke). Auch Susanne Kohl (SPD) sagte, dass die Gemeindevertretung „nicht ruhen werde, bis wir den Schulerweiterungsbau haben.“ Klaus-Günter Schnur (ProBirke) kritisierte, dass das Projekt viel zu teuer geworden sei. Am Ende stehe ein „supergutes Gebäude“, das nicht mehr bezahlbar sei. „Ich glaube, wir reden hier von selbst verschuldetem Elend.“ 

Erika Schürhoff legt Amt als Gemeindevertreterin nieder

Bekannt gegeben wurde, dass Erika Schürhoff (ProBirke) ihr Mandat als Gemeindevertreterin niedergelegt hat. Eigentlich habe sie die Legislaturperiode noch zu Ende bringen wollen. „Aber mein Körper hat die Notbremse gezogen“, sagte sie. Seit 1990 hat sie sich als Gemeindevertreterin engagiert und war zum Schluss die älteste und dienstälteste Abgeordnete. „Ich habe mich hier mit ungeheurer Herzenslust eingebracht“, sagte sie und appellierte an die Gemeindevertreterinnen und Gemeindevertreter, nicht nur bestimmte Alters- und Wählergruppen im Auge zu behalten. Sie selbst hat sich stark für die älteren Menschen in Birkenwerder eingesetzt und kritisierte, dass sich beim Thema seniorengerechtes Wohnen in der Gemeinde „nichts tue“. 
Schürhoff dankte allen, die sich an ihrer Spendenaktion für die Ukraine beteiligt hatten, während sie selbst im Krankenhaus lag. Eine befreundete Familie aus dem Westen der Ukraine hatte sie um Hilfe gebeten, um Geflüchtete aus dem Ostteil des Landes zu unterstützen. „Zweimal war meine Garage voll mit gespendeten Sachen“, sagte Schürhoff. Sie bedankte sich auch bei den Mitgliedern der Gemeindevertretung für die Zusammenarbeit, auch wenn die Ergebnisse nicht immer in ihrem Sinne gewesen seien. Aber es sei schließlich normal, dass nicht immer alle einer Meinung sind. Im Ratssaal erntete Schürhoff bei ihrem Abschied stehende Ovationen. Ihren Platz in der Gemeindevertretung und der Fraktion ProBirke übernimmt Marina Zeidler, die gleichzeitig als sachkundige Einwohnerin aus dem Finanzausschuss ausscheidet. 

Klaus-Dieter Pohl wurde indessen als Mitglied der Klimalenkungsgruppe abberufen und wird stattdessen sachkundiger Einwohner im Finanzausschuss. Kilian Janotta wird neues Mitglied des Kinder- und Jugendbeirates, in dem sich momentan fünf Jugendliche engagieren. 

Kita-Gebühren werden angepasst

Nach einigen Diskussionen beschloss die Gemeindevertretung die 2. Änderungssatzung zur Kindertagesbetreuungssatzung der Gemeinde Birkenwerder, die ab August in Kraft treten soll. Dabei geht es um eine Veränderung von Gebühren für Plätze in Kindertagesstätten und Kindertagespflegestellen sowie fürs Mittagessen. Vehemente Kritik an der Vorlage äußerte Daniela Oeynhausen (AfD). Eine Erhöhung der Beiträge sei gerade in Zeiten hoher Inflation ein falsches Signal. Sie forderte eine betragsfreie Kita und schlug vor, stattdessen an anderen Stellen zu sparen. Unter anderem kritisierte sie die Ausgaben der Gemeinde für einen Klimaschutzmanager. 
Ingo Gerken (IOB-BiF) sagte, dass eine Beitragsanpassung aus finanziellen Gründen nötig sei. Birkenwerder habe nach wie vor – auch im Vergleich zu anderen Gemeinden – ein sehr soziales Kita-System, bei dem beispielsweise für das zweite Kind nur 65 Prozent der Gebühren anfielen und das dritte Kind beitragsfrei sei. „Was gar nicht geht, ist, Klimaschutz gegen Kitas aufzurechnen“, sagte er.

Für die Auswahl eines Trägers der neuen Kita an der Geschwister-Scholl-Straße, hat die Gemeindevertretung beschlossen, eine Jury zu bestimmen. Wie Susan Gehring, Justiziarin der Gemeinde, erklärte, werden Jury und Verwaltung über den Sommer eine Beschlussvorlage für die Ausschreibung vorbereiten. Der Wettbewerb solle im Januar 2023 starten, sodass voraussichtlich im Juni einem Träger der Zuschlag erteilt werden könne. Die Gemeindevertretung werde Kriterien festlegen, nach denen die Jury über die Bewerbungen entscheidet. Der Jury besteht aus Bürgermeister Stephan Zimniok und zwei Mitgliedern der Gemeindevertretung. Gewählt wurden für diesen Posten Doris Kaiser (Bündnis 90/Die Grünen/Briesetalverein) und Alexandra Stolzenburg (IOB-BiF) sowie Susanne Kohl (SPD) als ihre Vertreterin.  

Plakate als Gefahr für Radfahrende 

Äußerst kritische, aber auch zustimmende Reaktionen erntete Andreas Blaschke, Sprecher der Ortsgruppe des ADFC, mit einem Auftritt in der Einwohnerfragestunde. Er hielt eines der Plakate für das Birkenfest hoch und kritisierte, dass diese auf Kopfhöhe von Fahrradfahrenden und Menschen, die zu Fuß gehen, hingen. Zur Demonstration der Gefahren steckte er den Kopf durchs Plakat. Bürgermeister Stephan Zimniok sagte, dass sich Blaschke schon früher hätte an die Verwaltung wenden können, statt auf einen Auftritt in der Gemeindevertretersitzung zu warten. „Die Plakate hängen schon eine Weile dort.“ Kerstin Hoffmann und Torsten Werner (Bündnis 90/Die Grünen/Briesetalverein) argumentierten, dass man solches Engagement wertschätzen und Kritik an langwierigen Verwaltungsprozessen ernst nehmen solle. Alexandra Stolzenburg verwies auf das „extreme Missverhältnis“ zwischen Fußgängern, Radfahrenden und Autoverkehr in Birkenwerder. Bei Großveranstaltungen werde vor allem darauf geachtet, dass es genügend Stellplätze für Autos gebe, sie bat um Berücksichtigung bei den anstehenden Veranstaltungen. 

Im Rahmen der „Informationen der Verwaltung“ berichtete Stephan Zimniok unter anderem, dass für die Touristeninformation an einer temporären Lösung im Rathaus gearbeitet werde. Denn die Deutsche Bahn könne noch nicht sagen, wann und ob die Touristeninformation am Bahnhof wieder eröffnen könne, „derzeit kann man den Mietvertrag nicht erfüllen“. Außerdem dankte Zimniok allen am Birkenfest Beteiligten. Die Gemeinde sei am Wochenende von fast 5000 Besucherinnen und Besuchern „überrascht“ worden. 

Jahresabschlüsse beschlossen 

Die Gemeindevertretung hat bei dieser Sitzung auch die Jahresabschlüsse und die Entlastung des Bürgermeisters für die Jahre 2018, 2019 und 2019 beschlossen. Aufgrund einer Anfrage der Fraktion ProBirke zum Abriss der Alten Schmiede war das Rechnungsprüfungsamt für 2018 noch einmal zu Prüfung aufgefordert worden. Die Buchungen wurden durch die Verwaltung korrigiert. Klaus-Peter Ohme (ProBirke) hatte zu Beginn der Sitzung in einer persönlichen Stellungnahme die genauen Daten und Inhalte des Schriftwechsels der Fraktion mit dem Rechnungsprüfungsamt vorgelesen, um die Mitglieder der Gemeindevertretung darüber zu informieren. 

Bezogen auf das Protokoll zur letzten Sitzung kritisierte Daniela Oeynhausen (AfD), dass Susanne Kohl (SPD) bei ihrer persönlichen Stellungnahme zum Konzessionsverfahren "Wohnungsbau Birkenwerder Alter Krugsteig und Erich-Mühsam-Straße“ sehr viel Redezeit eingeräumt worden sei. Außerdem sei Kohl im Protokoll wörtlich zitiert worden, während ihre eigenen Aussagen häufig gekürzt würden. Darin vermute sie eine Verletzung politischer Chancengleichheit. Susanne Kohl erklärte mit Rückgriff auf die Geschäftsordnung der Gemeindevertretung, wie ihre Redezeit zustande gekommen war. Als Oeynhausen fragte, unter welchen Bedingungen sie genauso lange rede dürfe, verwies die Vorsitzende der Gemeindevertretung, Katrin Gehring (CDU) auf die Geschäftsordnung als Informationsquelle. 

Fragen wurden am Ende unter anderem zu E-Mail-Eingangsbestätigungen der Verwaltung, zur Feuerwehr und zum Schilderwald am Parkplatz Erich-Mühsam-Straße/Brieseallee gestellt. 

Text/Foto: id