Bürgerinitiative A10-Nord kämpft um besseren Lärmschutz an der Autobahn

Nachdem die 380-kV-Leitung trotz aller Widerstände gespannt und der sechsspurige A10-Ausbau abgeschlossen war, wurde es ruhiger um die Bürgerinitiative A10-Nord in Birkenwerder. Das soll sich nun ändern. Denn: Anwohner leiden stärker als angenommen unter dem Autobahnlärm.

„Wann? Sofort! Es wartet niemand auf uns!“ Peter Kleffmann von der Bürgerinitiative A10-Nord wählt seine Worte mit Bedacht. Die Aussage ist eindringlich und verdeutlicht die Dringlichkeit zum Handeln. Denn seit der sechsspurige Ausbau des nördlichen Berliner Rings abgeschlossen ist und die baubedingte Geschwindigkeitsbegrenzung aufgehoben wurde, ist klar geworden, wie laut die Autobahn tatsächlich ist.

In einer Informations- und Diskussionsveranstaltung am 23.11.2023 im Rathaus Birkenwerder appellierte Peter Kleffmann an die Teilnehmer, sich der Bürgerinitiative anzuschließen, die 2005 gegründet wurde und es sich zum Ziel gesetzt hat, die Wohn- und Lebensqualität in Birkenwerder zu verteidigen. Denn der kleine Ort war und ist mit mehreren Megaprojekten konfrontiert: dem Neubau der 380-kV-Höchstspannungsleitung und dem teils zeitgleich realisierten dreispurigen Ausbau der A10.

Die Bürgerinitiative hat gekämpft, es gab in den fast 20 Jahren unzählige Gespräche und Schriftwechsel mit Politikern, Ministerien, Unternehmen und Verwaltungen aus Bund, Land und Kommunen. Die Bürgerinitiative war an vielen Stellen erfolgreich, musste aber auch herbe Rückschläge verkraften, wie die gerichtliche Abweisung der Klagen gegen den Planfeststellungsbeschluss zum Bau des „380-kV-Nordrings Berlin“.

Die BI und auch die Gemeinde wollten stattdessen eine Erdverkabelung, waren aber gescheitert und trotzdem geben sie nicht auf. Unterstützung gibt es auch vom Umweltverband Birkenwerder-Hohen Neuendorf, deren Mitglied Peter Kleffmann ebenfalls ist. Dieser Verband wurde im Mai 2013 gegründet.

Momentan kämpft die Initiative um mehr Lärmschutz auf dem neu ausgebauten A10-Abschnitt im Bereich Birkenwerder/Borgsdorf. Bürgermeister Stephan Zimniok (parteilos) stärkt der Bürgerinitiative den Rücken und war auch bei der Veranstaltung am Donnerstag im Ratssaal anwesend. Er sagte: „Das, was gebaut wurde, bringt nicht das, was es bringen sollte.“ Als wirkungslos bezeichnet er die Maßnahmen, wie Lärmschutzwände und Flüsterasphalt, aber nicht. Auch sagte er: „Am Ende wird es nicht ganz leise sein. Es geht um Minimierung und Linderung.“

Stephan Zimniok wandte sich seinerseits selbst an die Autobahn GmbH des Bundes und teilte als Bürgermeister der Gemeinde mit, dass diese nicht den Eindruck habe, dass der Lärmschutz ausreichend wirke und stellte die Frage, ob ein nächtliches Tempolimit möglich sei. „Diese Frage wurde direkt als Antrag gewertet und abgelehnt“, sagte Stephan Zimniok.

Ihm wurde mitgeteilt, dass er als Bürgermeister kein Tempolimit beantragen könne, weil nicht die Gemeinde, sondern nur Personen beziehungsweise Personengruppen betroffen sein können. An dieser Stelle würde dann die Bürgerinitiative greifen. „Wer wäre bereit, mit uns diesen langen Weg zu gehen?“ fragt Peter Kleffmann. „Wir brauchen Leute, die es anschieben.“ Die BI, die auch einen möglichen Klageweg vor Augen hat, will zeigen: „Wir sind noch da, uns gibt es noch.“

Die Webseite müsste aktualisiert und regelmäßig mit neuem Inhalt gefüllt werden. Es müssten sich kleine Gruppen von jeweils etwa fünf Leuten zusammenfinden, die bestimmte Aufgaben übernehmen: Schreiben an Behörden formulieren, Pressemitteilungen verfassen, Veranstaltungen organisieren. „Es gibt schon Zeiten, in denen man sehr angespannt ist. Aber es ist auch nicht so viel Arbeit, dass man nicht mehr weiß, wo oben und unten ist“, erklärte Peter Kleffmann, der eine Liste herumgab, auf der Interessierte ihre E-Mail-Adresse eintragen konnten. Ein älterer Herr aus dem Publikum meldete sich spontan: „Ich bin dabei. Ich bin jetzt Rentner und habe Zeit.“

Ganz wichtig sei auch, so Peter Kleffmann, die Akquise von Betroffenen. Einige von ihnen saßen am Donnerstag im Ratssaal. So berichtete Vera Paulick, die in Borgsdorf wohnt, von einem „Loch in der Lärmschutzwand“ für die Zuwegung zum Regenauffangbecken nahe des Stolper Weges. „Wir sind dort neulich spazieren gegangen und haben einen richtigen Wumms Richtung Borgsdorf gehört.“ Außerdem kritisierte Vera Paulick, dass die Schutzwand nach Birkenwerder höher als nach Borgsdorf ist, was den Schall in Richtung Borgsdorf reflektiert.

Peter Kleffmann stimmt ihr zu: „Die Wände absorbieren nicht nur, sie reflektieren auch. Auch leiten sie den Lärm teils auch nach oben.“ Ein Mann aus dem Publikum, der in Birkenwerder lebt, sagte, der Lärm habe nach dem Ausbau der A10 derart zugenommen, dass er schon erwogen hatte, sein Haus zu verkaufen.

Ziel der Initiative ist zunächst, um ein Tempolimit in der Nacht zu kämpfen – auch wenn sich viele Anwohner ein generelles Limit ganztägig wünschen. Denn das würde auch das Unfallrisiko senken. „Ich wohne direkt neben der Autobahn und es knallt gefühlt täglich.“ Auch Stephan Zimniok kann bestätigen, dass die Ortsfeuerwehr häufig auf diesem Autobahnabschnitt zu schweren Unfällen ausrücken muss.

Der Abend war ein wichtiger Schritt in Richtung Neustart. Aber:„Eine Bürgerinitiative ist kein Selbstläufer“, gab Peter Kleffmann zu bedenken. „Der Erfolg hängt vom Einsatz der Leute ab.“

Text/Foto: ww

Bildunterschrift:

Diskussionsveranstaltung der Bürgerinitiative A10-Nord am 23. November 2023 im Rathaus Birkenwerder mit Peter Kleffmann und Stephan Zimniok.