Vergessene Aktivistin und Lehrerin aus Birkenwerder: Gedenktafel für Frida Winckelmann enthüllt

Wer war Frida Winckelmann? Abgesehen von Historikern, Politikwissenschaftlern und Frauenrechtlern weiß das heute kaum noch jemand. Der Name Frida Winckelmann wurde auch an ihrem ehemaligen Lebensort Birkenwerder nach der Wende aus dem Straßenverzeichnis gelöscht. 1948 hatte man die Bergallee nach der Politikerin, Pädagogin und Aktivistin benannt, weil sie als KZ-Inhaftierte Opfer des Faschismus war. Die Straße, in der ihr Haus mit der Hausnummer 1 noch heute steht, wurde aber nach 1990 wieder in Bergallee umbenannt. 

Statt mit Frida Winckelmann verbindet man heute eine andere historische weibliche Persönlichkeit mit Birkenwerder: Clara Zetkin. Ihr widmete der Frauenpolitische Rat Brandenburg e.V. bereits 2011 eine Tafel im Rahmen der Reihe „Frauen-Orte“. Mit der Enthüllung der Gedenktafel in der Bergallee 1 am Dienstag, den 14. November, ist die Gemeinde nun um einen weiteren „Frauen-Ort“ reicher. 

Brandenburgs Landesgleichstellungsbeauftragte  Manuela Dörnenburg befand die Umstände des nassen und trüben Herbstwetters an jenem Dienstagnachmittag dem Anlass angemessen. „Kalter und schneidender Wind, das ist es, was Frauen in der Geschichte immer entgegen geschlagen ist. Was immer sie taten, im Großen und im Kleinen, sie wurden häufig genug im Regen stehen gelassen.“ Weiter erklärte sie: „Das Gefühl des Auflösens, des Nicht-Gesehen-Werdens, das hatten viele Frauen in all den Jahrhunderten, weil ihre Geschichte in den Geschichtsbüchern nicht vorkam.“

Das Projekt „Frauen-Orte“ gibt es seit 13 Jahren im Land Brandenburg, um Frauen sichtbar zu machen. Die Frida-Winckelmann-Gedenktafel ist die 47. dieser Art.  Der Anlass, sich wieder mit der Biografie dieser für Brandenburg bedeutsamen Person zu beschäftigen, war der 80. Todestag am 4. November. In Birkenwerder ergriffen Alexandra Stolzenburg und Roselyne Dirk die Initiative, entwickelten gemeinsam mit dem Frauenpolitischen Rat und der Gemeindeverwaltung die Idee für die Gedenktafel. 

Frida Winckelmann lebte von 1873 bis 1943. Gleiche Bildung, gleiche Chancen, gleiche Rechte – dafür macht sie sich stark. Sie engagierte sich als Lehrerin und Schulleiterin, als Landtagsabgeorndnete und schließlich im Widerstand gegen die Nationalsozialisten. In dem Haus in der Bergallee 1, in dem Frida Winckelmann auch wohnte, führte sie gemeinsam mit ihrer Schwester von 1912 bis 1922 ein Erziehungsheim. Neben Schülern aus bürgerlichen, teils auch aus sozial benachteiligten Familien, unterrichtete beziehungsweise versteckte sie hier Kinder linker Genossen und russischer Emigranten. 

Das Haus war ein Treffpunkt und Zufluchtsort politisch Gleichgesinnter, wie zum Beispiel Karl und Sonja Liebknecht und sowie Hermann und Käte Duncker. Von Polizei und Behörden wurde die Schule argwöhnisch beobachtet und 1922 unter dem Vorwand der Verwahrlosung geschlossen. 

Frida Winckelmann ging daraufhin nach Thüringen, arbeitete als Lehrerin und Redakteurin und wurde 1927 Landtagsabgeordnete für die KPD. Sie kämpfte für die Einheitsschule, für gerechte Bildungschancen und für eine antifaschistische Einheitsfront. 1930 kehrte sie aus dem nun rechts regierten Thüringen zurück nach Birkenwerder. Sie engagierte sich mit Gleichgesinnten gegen den Nationalsozialismus und wurde 1933 in ihrem Haus in der Bergallee 1 verhaftet. Sie wurde im KZ Moringen inhaftiert. 

Am 19. April 1934 wurde sie entlassen, konnte aber nicht in ihre frühere Wohnung zurück. Die Nazis hatten ihr Haus in Birkenwerder konfisziert und die Kommunalbehörden ihr den Aufenthalt in der Stadt verboten. Sie zog nach Berlin und starb schließlich 1943 an einer Krankheit. In der Malchiner Straße 47 in Berlin-Britz, wo Frida Winckelmann lebte, erinnert seit Oktober 2022 ein Stolperstein an sie. 

Die Enthüllung der Gedenktafel in Birkenwerder übernahm Sabine Hering, Sprecherin des Frauenpolitischen Rates Brandenburg. Tanja Gäbelein, Koordinatorin des Projektes „Frauen-Orte Brandenburg“, erinnerte in ihrer Rede daran, dass sich Frida Winckelmann in den 1890er-Jahren noch selbst als Gasthörin an der Universität einschreiben musste, da Frauen bis 1908 in Preußen von der regulären Immatrikulation ausgeschlossen waren. Sie setzte sich als Lehrerin der damals üblichen sehr autoritären Erziehung entgegen. Um ihre Ansätze zu verwirklichen, eröffnete sie ihre eigene Schule in Birkenwerder.

Die Theaterwissenschaftlerin und Germanisten Heike Stange hat viel über das Leben von Frida Winckelmann geforscht und bereicherte die Veranstaltung mit zahlreichen Fakten. „Zwischen Eigensinn und Solidarität: Frida Winckelmann“ heißt eine ihrer wissenschaftlichen Publikationen über das Leben dieser bedeutsamen Frau. 

Text/Foto: ww

Bildunterschrift:

In Gedenken an Frida Winckelmann und ihr Wirken in Birkenwerder wurde am 14. November 2023 vom Frauenpolitischen Rat Brandenburg in der Reihe "Frauen-Orte" eine Tafel an ihrer ehemaligen Wirkungsstätte in der Bergallee 1 in Birkenwerder enthüllt.